Diese Story ist auch als Hörgeschichte erschienen.
Ann umklammerte ihre Waffe und ging im letzten Moment in Deckung. Die Geschosse prasselten von überallher auf sie nieder und rissen einen ihrer Kameraden regelrecht in Stücke und er schrie gepeinigt auf, bevor er zusammenbrach. Sie hatte keine Zeit, um nach ihm zu sehen und murmelte verbissen: „Lebewohl.“ Wütend rammte sie ein neues Magazin in ihre AK-47 und wollte sich gerade bereitmachen wieder zu schießen, als Josh, der zu ihrer Linken stand, schrie: „Granate!“
Panisch sah Ann sich um und entdeckte die Handgranate, doch sie wusste, dass es knapp werden würde. Sie griff das Ding und warf es aus ihrer Deckung heraus, so weit weg wie sie nur konnte. Der Knall der Explosion war laut und das Klingeln in den Ohren raubte ihr die Orientierung. Dumpf schlugen die Schüsse ihrer Gegner neben ihr in den Felsen, doch sie konnte unmöglich ausmachen, woher sie kamen. Wenn sie das überleben wollte, dann würde sie mehr Glück als Verstand brauchen. „Komm schon“, zischte sie wütend und erhob sich gerade lange genug, um eine ungezielte Salve auf die Feinde abzufeuern.
„Wir sind in der Unterzahl“, rief Josh und Ann hatte im selben Moment begriffen, dass er Recht hatte. Ihre Munition ging zu Ende und sie war sich sicher, dass sie keine Chance mehr hatte. Sie würde sterben. Verzweifelt kämpfte sie weiter, doch es gab nicht mehr viel, das sie noch würde tun können. Einer der Soldaten traf sie mit seinem Maschinengewehr in den Bauch, der nächste Schuss war tödlich. Sie kippte hintenüber und ihre Welt versank in Dunkelheit.
Resigniert und gereizt warf Ann den Controller ihrer Play Station auf das Sofakissen und rief mit einer Lautstärke durch die ganze Wohnung, die selbst Tote aufgeweckt hätte: „Scheißspiel – schon wieder!“
Ich bin alleine, nur das nicht enden wollende Tropfen des Wasserhahns malträtiert meine Sinne, treibt mich an den Rand des Wahnsinns. Mein Kühlschrank rattert leise vor sich hin, so leise, dass ich ihn nur dank meiner geistigen Gefangenschaft hören kann. Wieder und wieder fällt mein Blick auf das Messer in meiner Hand, das ich nur halte, um mir das Gefühl zu verleihen, ein letztes Fitzelchen Kontrolle zu haben. Ich wusste genau, dass ich mir nichts antun würde, doch in diesem Augenblick, in dem meine ganze Welt wie ein Kartenhaus zusammenfällt, will ich glauben, diesen letzten Ausweg übrig zu haben. Mit wem kann ich noch sprechen? Niemand ist da, niemand hört mir zu. Und wieder fallen wieder zwei Tropfen in den Schüttstein, lassen mich längst nicht mehr aufschrecken, vertiefen meinen beinahe hypnotischen Zustand nur weiter.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich das noch durchhalten kann. Wie soll ich weitermachen, wenn mir alle die kalte Schulter zeigen? Ich bin alleine, nicht nur in meiner viel zu kleinen Wohnung, deren Wände jede Minute näher zusammenzurücken scheinen, sondern in jeder Hinsicht. Niemand weiß mich zu schätzen, niemand will mich. Dieser vermaledeite Wasserhahn treibt mich an den Rand des Wahnsinns. „Scheiße!“, rufe ich, doch der Aufschrei verhallt ungehört in dem nachmittags wie ausgestorbenen Agglomerations-Wohnblock. Ein Brummen kommt näher und entfernt sich dann wieder, der Bus zum Einkaufszentrum. Bitte, lass diesen Schrecken ein Ende haben, flehe ich stumm, wenn ich auch keine Ahnung hatte, an wen ich mich damit eigentlich hatte wenden wollen. Niemand hörte zu.
Da, endlich! Es ist geschehen, nach geschlagenen dreißig Minuten! Ich habe doch noch Freunde, meine Welt ist wieder in Ordnung und der Horror der letzten halben Stunde wirkt wie ein böser, weit entfernter Traum. Tap-tap macht der Wasserhahn, ganz so, als wollte er mir zu meinem wunderbaren Leben gratulieren. Erleichtert atme ich auf und beginne zu lachen, die ganze Anspannung fällt von mir ab und ich werde wieder glücklich, ganz so als wäre nichts gewesen. Noch nie hatte es so lange gedauert, bis jemand unter einem Beitrag von mir auf „Gefällt mir“ geklickt hatte. Heute Abend will ich ausgehen und feiern als gäbe es kein Morgen.
„Es geht nicht weiter“, keuchte Jeff und sah sich gehetzt in der Dunkelheit um. Der dicke Nebel streute das wenige Restlicht so sehr, dass er seine Umgebung kaum erkennen konnte und der dichte Schneefall machte seine ausweglose Lage auch nicht besser. Beinahe wäre er über einen undefinierbaren Schemen auf dem Boden gestolpert, doch was auch immer im Zwielicht auf ihn gelauert hatte, konnte ihm gestohlen bleiben! Nichts, aber auch wirklich nichts, durfte ihn erwischen! Er fühlte sich hier nicht sicher, dazu konnte er zu wenig sehen. Irgendwas lauerte in dem nahen Wald und die dumpfen Schreie eines Käuzchens ließen ihn erschaudern.
Der eisige Wind peitschte ihm unerbittlich die Schneeflocken ins Gesicht, die wie Nadelstiche brannten und seine viel zu dünne Jacke bot ihm keinen ausreichenden Schutz. Hier draußen war niemand, er war ganz alleine. Er hätte sich niemals träumen lassen, dass tatsächlich alles in Finsternis versank, wenn niemand mehr kam, dass sich alles so veränderte. Das war nicht mehr die Welt, die er kannte, das war eine fremde Schattenwelt, die ihm Angst einjagte. Das Ende der Zivilisation, das Ende von allem Vertrauten, er war auf sich allein gestellt.
Jeff war sich sicher, dass es nur noch eine Option gab, er würde es unmöglich bis zur Dämmerung hier aushalten. Dann fiel ihm ein möglicher Ausweg aus seiner Misere ein, also pulte er hastig sein Handy aus der Tasche und wählte ungeschickt die Nummer, die er auswendig kannte. „Komm schon, komm schon, ich will hier raus“, flüsterte er, ganz so, als könnte er das Gerät damit überzeugen, schneller zu verbinden. Er musste hier weg, koste es, was es wolle. Mit klammen Fingern hielt er sich das Telefon als Ohr und lauschte angespannt dem Rufton. Einmal, zweimal, dreimal … Er hätte beinahe einen unflätigen Fluch ausgestoßen und sich der Verzweiflung ergeben, da er glaubte, seine letzte Hoffnung hätte versagt, doch er schaffte es mit letzter Willenskraft, sich zusammenzureißen. Dann, endlich meldete sich die teilnahmslose, an einen modernen Zombie erinnernde Frauenstimme. Er ließ sie gar nicht erst ausreden und fragte sofort, wobei sich seine Stimme fast überschlug: „City-Taxi? Können Sie mich bitte raschmöglichst in Ringlikon abholen? Ich habe den letzten Zug verpasst und ich stehe hier im Dunkeln.“
Noch sind manche Formulierungen ein bisschen holprig, aber die Ideen sind originell. Weiter so! :)
Hallo Sarah,
Danke fürs Feedback und den Kommentar :)
Und was ich jetzt sagen muss: Es gibt Leben da draussen! Oder besser: andere Sarahs ;)
Es grüsst,
Die andere Sarah