Hallo liebe Clue Reader,
heute möchten wir euch etwas ganz Besonderes präsentieren: Vor einiger Zeit erreichte uns von unserem Gast- und Anthologie-Autor Frederik Elting unverhofft eine Fan Fiction und zwar über … nun ja, über zwei gar schrullige Duos. Wir waren derart begeistert und geehrt, dass wir euch diesen Beitrag auf keinen Fall vorenthalten möchten und ihn nun im Rahmen unserer Geek Weeks vorstellen dürfen.
Der Mann im Jackett drehte den Schlüssel im altmodischen Schloss der blauen Tür, nachdem die schlanke Frau hindurch getreten war. Fast zärtlich strich seine Hand über das Holz, dann wandte er sich mit einer schnellen, tänzerischen Drehung dem Raum zu.
„Ich weiß, das war nicht dein Wunschziel, aber ich muss nur kurz etwas erledigen. Und ja, sie ist innen viel größer als von außen. Das sagen alle.“
Seine Begleiterin drehte sich vorsichtig und mit großen Augen zu ihm um. „Da sind zwei Mädchen. Und die schlafen“, flüsterte sie. „Ja“, sagte der Mann, zupfte seine rote Fliege zurecht und ließ die Hosenträger schnalzen. „Die werden sicher nicht wach. Ihre Kaffeemaschine ist kaputt. Der Koffeinmangel hat sie umgehauen. Deshalb sind wir hier.“
Er ließ den Blick durch den Raum schweifen. Er hatte gefährlichere Aufgaben gemeistert und noch vor sich. Viele seiner Herausforderungen würden weit mehr Aufmerksamkeit erregen. Nichts desto weniger war diese Aufgabe dringend. Das spürte er mit der Erfahrung von Jahrhunderten.
„Wir sind hier als Kaffeemaschinen-Servicetechniker? Das kann ich kaum glauben. Außerdem hätte dein Modegeschmack diese zwei Dornröschen sicher betäubt, wären sie nicht schon k.o.“
Immer wieder war er erschrocken und begeistert von der Fixiertheit der Menschen auf den Moment. Welch ein Geschenk und welch eine Schwäche.
Eine der Frauen lag auf einer Couch, hatte einen Laptop vor sich, die andere saß an einem Tisch, hatte die Stirn auf ihre gekreuzten Arme gelegt und schnarchte leicht. Aus der Innentasche seines Sakkos zog er ein langes, metallisches Gerät. Ein merkwürdiges Geräusch erklang, als er ein erscheinendes blaues Licht auf die Frauen richtete.
„Koffeinmangel, wie ich dachte. Sie haben erst nach Ladenschluss bemerkt, dass ihre Kaffeemaschine kaputt ist und sind ins Koma gefallen. Durchsuche bitte schnell die Küche. Und deine Kritik an meiner Mode kann ich nicht akzeptieren,- das ist eine Fliege, die ist cool. Aber du hast recht, es gibt Spielraum für Verbesserungen.“ Er drehte sich mit ausgestreckten Armen um sich selbst. „Mir fehlt ein Fez!“
Kopfschüttelnd ging seine Begleiterin in die angrenzende Küche. Sie war erst für kurze Zeit bei ihm. Er wusste, dass sie etwas Besonderes war. Sonst wäre sie keinesfalls bei ihm. „Was genau suche ich hier? Und warum? Und warum bist du so faul? Und warum sind wir in dieser Wohnung?“
Er war durch das Kraulen eines Hundebauchs etwas abgelenkt. „Was? Ah. Äh. Du musst natürlich den defekten Kaffeezubereitungsautomaten suchen. Dein Primärziel. Wir müssen die beiden Mädels wieder zum Schreiben bringen. Viele Menschen denken, ihre Taten wären klein, aber kleine Dinge können große Dinge bewirken. Geschriebenes formt Gedanken in den Lesern und den Schreibern. Jedes Wort kann Auswirkungen auf Gedanken und Taten der Zukunft haben. Man denkt, man bewirkt nur wenig. Nur, das ist falsch.“
„Aha. Ich habe die Kaffeemaschine. Auch kaum zu übersehen. Was soll ich noch tun? Und wieso machst du das nicht? Hatte ich bereits gefragt!“ Er hörte, dass sie ein wenig genervt war. Er mochte das, das hatte Leben in sich.
„Du könntest noch nach Fischstäbchen suchen. Und Vanillesauce. Suche permanent nach einem Fez. Und ich mach’s nicht, weil ich mit dem Hund sprechen muss.“
„Du spinnst.“
„Keineswegs. Ich spreche Hündisch. Wir lachen gerade sehr. Er hat den gleichen Titel wie ich. Das hat sogar mich überrascht. Ein Gespräch unter Kollegen. Und er hat versprochen, durch marginale, subtile und geniale Beeinflussungsmethoden die jungen Autorinnen auf den richtigen Weg zu bringen.“ Er wuschelte durch das Bauchhaar des Hundes.
„Was mache ich hier nur? Ich wollte doch nur die Schlacht von Hastings sehen. Keine Fischstäbchen, keine Vanillesauce, kein Fez, keine kaputte Kaffeemaschine!“ Er wusste, wenn die Genervtheit diese Ausmaße annahm, dann wurde das charmante Leben in dem Menschen zerstörerisch.
„Ist gut, tritt zurück.“ Er richtete den Schallschraubenschlüssel auf die Maschine und nickte nach wenigen Sekunden zufrieden. „Repariert, entkalkt und automatische Laufzeitbegrenzung des Herstellers gelöscht. Das Brühen beginnt schon. Wir sollten gehen, der Geruch wird sie wecken.“
„Endlich, wir wollten doch noch was sehen heute!“, sagte die hübsche Rothaarige.
„Du musst wirklich lernen, dass wir fast nie zu spät kommen können. Zu welcher Schlacht von Hastings wolltest du eigentlich?“
„Gab es mehrere?“, blickte ihn die Begleiterin erstaunt an, während sich angenehmer Kaffeeduft im Zimmer verbreitete. „Hab ich nie gelernt.“
„Ich kenne vier. Wenn wir es hinbekommen, nur drei“, erwiderte der etwas gebückt gehende Mann und strich sich die Haare aus der Stirn. „Und dafür sind wir da. Alles auf die richtigen Schienen zu bringen.“ Er blickte liebevoll auf die noch schlafenden Autorinnen. „Hier haben wir es geschafft.“
Er schob seine Begleiterin sanft durch die Tür der Polizeinotrufzelle. „Ihr packt das, meine Freundinnen“, flüsterte er. „Wir werden uns noch einmal sehen, davon bin ich überzeugt. Greift an. Geronimo!“ Er schloss die Tür hinter sich, die sich auflöste, als die erste der jungen Frauen ihre Augen öffnete.