„Ich habe eine vertrackte Kunstblockade“, klönte Klara Kleber. „Es ist zum Kleister kauen!“
„Kleister. Ein ulkiges Wort“, gab Gabriela Gäbeli geistesabwesend zurück. „Und wenn es um Fischkleister geht, ein ekliges noch dazu.“
„Fischkleister wird schon lange nicht mehr mit Knochenmehl hergestellt“, klärte Klara Kleber auf, da humpelte Habi Habibi herbei.
„Krücken? Wieso hast du denn Krücken?“, krächzte Klara Kleber entsetzt und auch Gabriela Gäbeli guckte ihren Kommilitonen konsterniert an. „Hast du es krachen lassen?“
„Ach wo, bei mir kracht es nie, das weißt du“, hieß es von Habi Habibi heiter, als er sich neben den beiden Studentinnen hinsetzte. „Hatte heute früh Hunger, wollte zum Händler gegenüber und hastete unachtsam um die Hecke an der Ecke hinter dem Haus. Da hat es mich auf den Hosenboden gehauen.“
„Eben doch, du bist gekracht“, korrigierte Klara Kleber kichernd ihren Kumpanen.
„Sei nicht so ein Korinthenkacker, Klara“, grummelte Gabriela Gäbeli, hustete heiser und meinte zu Habi Habibi: „Geht’s denn, ist es das Knie?“
„Ja, das Linke. Das Rechte ist es nie“, motzte er, streckte sich und schrie über den Campus der Kunstakademie: „Lina Lundgren! Schön, bist du wieder da.“
„Konnte sie dich wieder entzücken? Ich dachte du hast Krach mit der“, kommentierte Klara Kleber, kratzte sich einen krustigen Schorf vom Unterarm und wiederholze witzelnd: „Weil es bei dir halt gerne kracht.“
„Du kannst mich kreuzweise“, keifte es zurück. „Halte dir deine Feinde nahe, sag ich nur“, hauchte Habi Habibi hinter vorgehaltener Hand, bevor er die andere herzlich begrüßte: „Wie lief es?“
„Wie du dir das so vorstellen kannst“, lamentierte Lina Lundgren. „Ich mit meiner lästigen Zahnarztangst.“
„Ui, nicht gerade gemütlich“, gab Gabriela Gäbeli grüblerisch von sich und nickte ihr gutmütig zu. „Garantiert geht es beim nächsten Termin besser.“
„Wer weiß. Könnte echt verzichten auf so einen Scheiß“, seufzte Lina Lundgren leise und legte den Kopf in den Nacken. „Tja, ich geh schon mal rein, will als erste bei Professor Priat sein.“
„Klar, geh ruhig vor. Wir sehen uns später“, sagte Habi Habibi geheuchelt höflich und winkte ihr zum Abschied.
„Ist sie noch deine Rivalin im Wettbewerb?“, fragte Gabriela Gäbeli grinsend auf die davonschlendernde Schwedin deutend.
„Sie kann mir nicht das Wasser reichen, ich habe praktisch schon gewonnen“, begann der überhebliche Streber, da intervenierte Klara Kleber: „Woher willst du das wissen, du kennst mein Projekt noch gar nicht!“
„Welches Projekt“, griente Gabriela Gäbeli überhaupt nicht versteckt. „Das, mit dem du in der Blockade steckst?“
„Sei still! Dass du immer alles rausplappern musst“, kritisierte Klara Kleber Gabriela Gäbelis Geschwätzigkeit.
„Kunstblockade“, sinnierte Habi Habibi nun seinerseits süffisant schmunzelnd. „Sowas gibt es nicht, das ist die reinste Scharade. Eine Ausrede für Möchtegernkünstler, die sich statt mit Können mit pseudointellektuellem Pipifax aufplustern.“
„Woher nimmst du solche Behauptungen, bist du die Qualitätssicherung?“, klagte Klara Kleber den kruden Klugscheißer an. „Nenn mir deine Informationsquelle.“
„Jetzt rück mir nicht auf die Pelle, das kapiert wirklich jeder“, lachte Habi Habibi hochmütig. „Kunst ohne Handwerk hat höchstens für hochtrabende Hohlköpfe einen Wert.“
„Nicht das schon wieder“, gähnte Gabriela Gäbeli, grunzte grantig und rieb sich über die Schläfen.
„Du lobst dir deine Techniken, Anatomiestudien, Farben- und Kompositionslehre“, zischte Klara Kleber kratzbürstig. „Aber deine Kunst bleibt ohne Seele!“
„Ha“, hüstelte Habi Habibi. „Auch so eine inhaltlose Idee für arbeitsscheue Artisten, die sich lieber gegenseitig den Bauch pinseln, anstelle davon zu lernen, welche Muskeln selbigen bewegen.“
„Dein kleingeistiger Klammergriff um manuelle Möglichkeit der Malerei machen mir Kummer“, konterte Klara Kleber kämpferisch.
„Ich bereite dir Kummer? Wer hängt denn mit einer Kehricht-Kollage, die ein Kind kleistern könnte, in einer Kunstblockade?“, platzte es aus Habi Habibi heraus.
„Meine Arbeit ist ein Statement gegen Umweltverschmutzung!“, knallte ihm Klara Kleber kaltschnäuzig an den Kopf. „Ein einwandfrei empfindsamer Einfall, die einschneidenden Einbußen unserer Umwelt für unsere Eitelkeit zu veranschaulichen.“
„Aha. Besonders eindrücklich sind die eingewickelten Eierkartons“, sagte Habi Habibi höhnisch. „Gib es zu, egal wie viele hübsche Worte du aneinanderreihst, es ist und bleibt eine Kindergartenkollage.“
„Leute, bitte“, grämte sich Gabriela Gäbeli. „Können wir das lassen? Es ist Kunst, die soll schlussendlich für jeden selbst passen“, postulierte sie pathetisch fuchtelnd. „Konzentrieren wir uns auf den Konsens“, keuchte Gabriela Gäbeli genervt und beendete die dumme Diskussion mit einem kunstvoll karikierten, bösen Blick.