Warnung: Das hier dargestellte politische Gedankengut entspricht in keinster Weise unserer Meinung und ist als Satire zu verstehen. Mehr zu unseren Warnungen sowie wann und weshalb wir sie anwenden, erfahrt ihr in unseren FAQ.
Alternatives Deutschland, heute. In diesem Zeitstrang haben die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen, sukzessive die Herrschaft über Eurasien an sich gerissen und jeden Teil der Kultur unterwandert. Die heutige Episode unserer von der NSDAP prämierten Seifenoper „Eine schrecklich Deutsche Familie“ spielt wie üblich im Esszimmer der Familie Müller.
Das Studiopublikum verfällt in tosenden Applaus, als der Vater auf die Bühne kommt.
Vater: Legt den „Abendstürmer“ beiseite und wartet, bis der Beifall abebbt. „Na, das war mal ein Tag in der Fabrik.“
Mutter: Deckt den Tisch auf, watschelt dabei zwischen Küche und Esszimmer hin und her. „Was war denn los, Schatz?“
Vater: „Sie haben uns wieder einmal zu wenig Material geliefert. Kannste dir gar nicht vorstellen, glauben die Deppen eigentlich, Hakenkreuzflaggen produzieren sich von selbst? Da wird ja Blondi in der Pfanne verrückt! Am liebsten würde ich diesen Dumpfbacken den Sensenmann vorbeischicken.“
Einzelnes, verhaltenes Kichern ist aus dem Publikum zu vernehmen.
Mutter: „Och, die scheinen echt keinen Durchblick zu haben. Seit der Dritte Weltkrieg vorbei ist, wird schlampig gearbeitet. Nur Angst motiviert die Leute noch.“
Vater: Brummt. „Wo du Recht hast …“
Der Vater hält inne, als die Tür aufgeht und seine Tochter, eine blonde, blauäugige Schönheit in ihren frühen Zwanzigern, den Raum betritt. Einige Zuschauer jubeln, die meisten klatschen verhalten und eine ältere Frau buht die Schauspielerin aus.
Tochter: Starrt auf ihr Mobiltelefon. „Abend.“
Vater: Brummt missbilligend. „Du könntest deine Eltern schon ansehen, wenn du sie das erste Mal am Tag triffst. Man könnte meinen, du hast beim Mädelsbund keine Manieren gelernt. Bei der Antrittsrede vom Dritten Führer hast du das Ding auch weggelegt. Angehimmlert hast du den.“
Tochter: Schnaubt und steckt das Gerät weg. „Zufrieden?“ Pausiert. „Wenn ich nicht ständig im Weltweitnetz bin, werde ich nie Influencer.“
Mutter: „Du meine Güte, wieso haben wir nur all die englischen Wörter in der Sprache? Ich dachte, die Teesäufer haben wir vor siebzig Jahren endgültig besiegt.“
Vater: „Das kommt davon, wenn man Trends von den Amerikanern übernimmt, auch die labern Englisch und haben den Blödsinn ja erfunden.“
Raunen geht durch die Zuschauerreihen, im Hintergrund ruft jemand halblaut „Diese dekadenten Staatsfeinde!“.
Tochter: „Ja, und? So lange ich mit Instagram Erfolg haben kann, ist es egal, woher …“
Vater: Unterbricht sie. „Junge Dame, wir sind hier im Dritten Reich, rede gefälligst angebracht! Unser Parteisprecher nennt das ‚Schnellbildtelegramm‘. Eigentlich toll, so kann man es korrekt aussprechen. Und ich verstehe immer noch nicht, wie du als Herausgeber von ein paar Fotos zur Parteiikone werden willst, jeder macht Bilder mit seinem Klugfunk-Gerät heutzutage, deswegen haben wir viele Probleme mit ekelhaft entarteten Fotografien von Hintern und Mahlzeiten.“
Sogleich brechen die Live-Besucher in schallendes Gelächter aus.
Tochter: „Also langsam …“ Setzt aus, weil sich das Publikum noch nicht beruhigt hat. „Also langsam nervt mich das ewige Ändern von Worten. Der Nationalsozialismus ist toll, klar, daran hegt keiner Zweifel, aber können wir bitte aufhören, ständig neue Worte zu erfinden?“
Einige „Ohs“ und „Ahs“ erklingen im Studio.
Vater: Zurechtweisend. „Das dient dazu, unsere Vergangenheit zu ehren. Und du, Fräulein, bist jung genug, jeden Begriff des Reichs zu lernen. In meiner Zeit gabs noch die Hitlerjugend, da wurde nicht gemault.“
Ein dumpfer Knall ist aus der Küche zu hören, als die Mutter ihren Kopf am Dampfabzug stößt, gefolgt von einem unflätigen Fluch.
Auf der Zuschauertribüne bleibt es entgegen den Erwartungen der Autoren still.
Mutter: „Heilige Hitlernudel! Meine Birne!“
Endlich wird über das Pech der Mutter gekichert.
Vater: Besorgt. „Schatz, alles in Ordnung?“
Mutter: Schreitet sich den Kopf reibend ins Wohnzimmer. „Geht schon, ich nehme nachher ein paar Goebbuli. Seit die Partei Homöopathie gratis verteilt, muss man sich wegen solcher Tollpatschigkeit keine Sorgen mehr machen.“
Ein einziger Zuschauer prustet ungehalten los und räuspert sich anschließend peinlich berührt.
Tochter: „Seht ihr, genau das meine ich – wieso muss man ständig alles umbenennen? Und auf was für Ideen wird erst der vierte Führer kommen, wenn der dritte im vierten Weltkrieg stirbt?“
Das Studiopublikum gibt nahezu unisono, von der landesverräterischen Aussage entsetzt, erschrockene Laute von sich.
Vater: Brummt. „Noch haben wir keinen Krieg, also pass bloß auf, was du sagst, junge Dame. Ich erinnere dich nochmals daran, wie sehr du aus dem Häuschen warst, als du dich mit dem dritten Führer abgelichtet hast.“
Eine sulzige Rückblende zur vierten Folge wird auf den Overhead-Bildschirmen gezeigt. „Ah, das war süß“- und „Oh“-Rufe dröhnen durchs Studio.
Tochter: Rollt mit den Augen. „Das war ein Selbstschussbild, sowas ist viel wert auf Inst… Sieg… Heil… Bild-Dingsbums. Wie gesagt, ich will aufsteigen.“
Mutter: „Pass aber auf dich auf, Schatz, bevor du zur Parteiinfluenza wirst.“
Erneut ertönt heiteres Feixen aus den Besucherreihen.
Tochter: Unterdrückt ein Glucksen. „Influencer, Mama, Influencer.“
Mutter: Erstaunt. „Halt mal, das ist nicht dasselbe Wort?“
Das Getöse wird lauter, sodass das Ensemble kurz abwarten muss, bis sie fortfahren können.
Vater: „Nicht, dass ich wüsste. Aber nach dem Vierten Weltkrieg wird sowieso alles Deutsch, weil wie da die Amis besiegen werden.“
Ein einzelnes „Sieg Heil!“ hallt durch den ansonsten stillen Saal.
Tochter: „Es ist nicht mal sicher, ob der dritte Führer einen Krieg anfangen will und …“
Vater: „Papperlapapp! Bislang hat noch jeder Führer einen Weltkrieg angefangen und gewonnen, das muss so sein.“
Ein verschnupftes Gackern verliert sich im großen Filmstudio.
Mutter: „Essen ist fertig, kommt zu Tisch. Wir können auch später wieder über Krieg reden, das hebt die Stimmung.“
Die Lacher schwellen wieder an, allerdings bleibt der vom Produzenten gewünschte Applaus eher dünn. Die Familie versammelt sich an der Tafel und die Tochter legt sogar ihren Klugfunk weg. Schweigend schöpfen sich die drei und als die Tochter zum Essen ansetzt, gibt der Vater ein ermahnendes Geräusch von sich.
Vater: „Vergiss nicht das Führerunser.“
Mutter: Rezitiert. „Führer unser, der du bist …“
Tochter: Zum Vater. „Genau darum geht es: Heutzutage heißt ein guter Nazi zu sein nicht mehr, abgeänderte Gebetstexte herunterzulabern. Man muss sich diversifizieren, Instagram statt Bunker im Wald, Bilder im Weltweitnetz statt Panzerbrigade. Wenn das ewig so weitergeht, kommt das Nazitum irgendwann aus der Mode, das wäre ein Werbe-Albtraum!“ Deutet zum Wandkalender, auf dem eine Illustration von Fritz Hippler zu sehen ist. „Das hier ist nicht 1939.“
Raunen geht durch das Publikum.
Mutter: Rezitiert weiter im Hintergrund. „… dein Drittes Reich komme …“
Vater: „Ach, das ist doch eine völlig neue Kategorie von Humbug. Vielfalts-Beauftragte in der NSDAP, jeder Ami-Hipster trägt einen Hitlerschnauz, wo soll die Welt nur hinkommen?!“
Im Studiopublikum ertön verhaltenes Kichern, begleitet von einigen zustimmenden Ausrufen.
Mutter: „Was diskutiert ihr schon wieder über Politik? Das Essen wird kalt.“
Vater: „Stimmt, wir können den Verstand unserer Tochter auch nach dem Mahl noch zurechtrücken.“
Tochter: Schmollend. „Papa!“
Mutter: Unterbindet die Diskussion bestimmt. „Guten Appetit, lasst es euch schmecken.“
Nach dem Essen räumt die Mutter ab, während die Tochter auf ihr Zimmer verschwindet. Kurz drauf kehrt die Mutter ins Esszimmer zurück und macht es sich auf dem Stuhl neben dem zeitungslesenden Vater bequem.
Mutter: „Liebster, ich mache mir Sorgen um die Kleine. Die sitzt andauernd vor dem Bildschirm und macht sich das Hirn matschig.“
Vater Brummt zustimmend. „Ja, das hat was. Keine Ahnung, woher die Ihre Ideen hernimmt. Na ja, Hauptsache sie kommt nicht plötzlich mit Kommunismus oder rauch…“
Er nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarre, was aus dem Publikum mit leisem Feixen goutiert wird.
Mutter: „Himmlerarsch, nein! Das will ich mir keinesfalls ausmalen. Aber trotzdem sollten wir uns fragen, wie lange es noch geht, bis sie ins Lager muss.“
Vater: „Na ja, ein paar Wochen Sommerurlaub würden ihr sicher guttun. Frische Luft, etwas Arbeit, viel Bewegung … Eigentlich toll, hat die Partei viele geniale Angebote für junge Leute.“
Zur Freude der Schauspieler kommt doch noch Stimmung auf und die Zuschauer lachen lauthals los.
Mutter: Ominös. „Nein, nein, ich meine ein …“ Sie zögert, es auszusprechen, wird noch leiser und wirkt beunruhigt. „Konzentrationslager.“
Aufgewühlte Laute vermischen sich mit dem abklingenden Lachen.
Vater: Plötzlich ernst, versucht Optimismus vorzuschützen. „Angeblich gibt es die nicht mehr, du weißt, was der dritte Führer gesagt hat. Wir haben jetzt Wiederintegrationslager.“
Mutter: Weiterhin beunruhigt. „Dann erklär mir mal, wieso wir in Dachau, Oranienburg und Buchenwald Partei-Museen mit Erlebnisparks haben, aber noch immer niemand nach Auschwitz reisen darf?
Vater: Seufzt und bleibt eine Weile still. „Gut, du hast Recht. Wir müssen ihr einbläuen, nicht mehr alle zu besseren Nazis machen zu wollen. Das könnte sonst übel enden.“
Wider Erwarten herrscht beunruhigtes Schweigen im Studiopublikum.
„Schnitt – zehn Minuten Pause!“, blafft der Regisseur durchs Studio, ehe er sich an seine drei Assistenten mit Bürstenhaarschnitt wendet und die Stimme senkt. „Gebt diesem verdammten Publikum mehr Bier, die sind ja so ernst, als hätten wir den Zweiten Weltkrieg verloren.“